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Bahnhof Großvoigtsberg


Die Einwohnerzahl der Gemeinde Großvoigtsberg betrug im Jahre 1871 bereits 1143, das sind rund 200 Einwohner mehr als Mitte der siebziger Jahre unseres Jahrhunderts. Schon aus diesem Grund war man interessiert einen Eisenbahnanschluss zu erhalten. Doch nicht der Personenverkehr spielte künftig eine übermäßig große Rolle, sondern der Güterverkehr.

Mit Eröffnung der Strecke entstanden sogleich auch auf den Stationen die ersten "Zweiggleisanlagen", wie die Anschlussbahnen damals genannt wurden. Die erste Gleisanlage dieser Art war die des "Consumvereins Großvoigtsberg". Sie wurde bereits am 30.11.1873 eröffnet und bestand aus einem etwa 35 Meter langen Gleis, welches sich an das Ladegleis 3 anschloss. Es endete unmittelbar am Bahnübergang. Verbaut wurden hierfür 70 m altbrauchbare Schienen der Form IV, 39 Schwellen und 180 Schienennägel mit einem Kostenaufwand von 292,11 Mark. An diesen Lagerplatz mit Gleiswaage schloss sich der Güterschuppen der Eisenbahn an, der auch heute noch, wenn auch nur als Ruine, existiert. 1880 wurde das Gleis über die Straße zur Firma Ferdinand Träger, ab 1.2.1932 Arno Glauch, Brennstoffhandel, um etwa 80 m verlängert und bildete die Ausgangsbasis für die nach 1945 gegründete Firma Ralle, Landmaschinenbau Großvoigtsberg mit Anschlussgleis und überdachtem Lagerplatz mit Krananlage. Auch die BHG nutzte das Gleis mit. 1972 verlängerte man diese Anschlussbahn nochmals zur neu erbauten Düngerhalle des Agrochemischen Zentrums, heute DHG, die 1986 erneut um 2 Weichen für eine Umfahrung erweitert und verlängert wurde und heute noch vorhanden ist. Nebenanschließer ist der Landmaschinenbau der Fa. Ralle. Kurios ist bei dieser Gleisanlage, dass das Warnkreuz auch heute noch am Straßenübergang hinter dem Gleis (!) vor den eigentlichen Bahnhofsgleisen 1 und 2 steht und dies in all den Jahren nicht geändert wurde, weil es sich "nur" um ein Anschlussgleis handelte. Diese Anschlussbahn hatte zu DDR - Zeiten neben der des VEAB Getreidesilos in Großschirma das meiste Aufkommen an Gütern. Was folgende Aufstellung belegt:

Ferner befanden sich in Großvoigtsberg 1873 folgende Firmen auf Lagerplätzen von insgesamt 270 qm entlang der Ladestraße, die von der LDE verpachtet waren:

Fa. Güldner, Ernst - Julius
Fa. Krumbiegel
Fa. Träger (später Glauch)
Fa. Rost
Fa. Schmieder
Fa. Goldmann, sowie
Fa. Tietze

Die Bahnhofsanlage bestand zur Eröffnungszeit im wesentlichem aus zwei Kreuzungsgleisen und einem Ladegleis und ist bis heute kaum verändert worden. Schon bald nach der Betriebsaufnahme erwies sich jedoch das Fehlen geeigneter Umschlagmittel als ein gravierender Mangel, so dass die Firma Münzner, Maschinenfabrik, Gießerei und Eisenhammerwerk Obergruna ,1886 einen 10 t Drehkran etwa 15 Meter westlich des Güterschuppens errichten wollte. Weiterhin wurde ein Überladegerüst von 10 t Tragfähigkeit für Handbetrieb beantragt. Als dritte Variante schließlich bot die Fa. Thomas in Dresden, eine dreibockartige Holzkonstruktion für 200 ztr. = 10 t Ladegewicht, was jedoch verworfen wurde. Genehmigt wurde schließlich das Überladegerüst. Dieses muss wahrscheinlich bis etwa 1905 existiert haben, und wurde danach nach Nossen umgesetzt. Die kombinierte Kopf- und Seitenladerampe war von Anfang an öffentlich nutzbar. Nach 1900 wurde die Gleiswaage und die Ladelehre nach Gleis 3a, dem Kopframpengleis, verlegt. Um 1911 - 15 baute die kgl. sächs. Sts.E.B. auf der gesamten Strecke die Gleiswaagen aus, so dass sich die nächsten Wiegemöglichkeiten für Waggons in Freiberg oder Nossen befanden. Neben den schon oben genannten Verkehrskunden war es vor allem die Landwirtschaft und auch der Forst, die regelmäßig und in großen Mengen Güter in Großvoigtsberg verluden. Am 25.06.1925 bekam der Spar-, Kredit- und Bezugsverein von Müller & Werner in Großvoigtsberg den ersten Güterwagen an der zunächst einseitig angebundenen Anschlussbahn (Gleis 2a) mit neuem Niederlagsschuppen zugestellt. Der Schuppen war bereits 1923 errichtet worden und wurde mehrmals verlängert. 1926 baute die DRG die Weiche 11 ein, so dass eine beidseitige zügige Bedienung möglich wurde. Damit erhielt der Bahnhof gleismäßig seine endgültige, bis heute erhaltene Form. Die Anschlussbahn ist zurzeit stillgelegt.

1935 gab es außerdem noch die Lagerplätze von Paul Lindner auf der großen Rampe und Max Seidel, Lederpappen und Kartonagenfabrik Obergruna. Außerdem bestand auf dem Gelände der Ladestraße eine Niederlage der Firma Ferdinand Träger. Diese wurde aber wahrscheinlich Mitte der dreißiger Jahre abgerissen. Am 1.6.1946 mietete das am Waldrand befindliche Sägewerk Säurich auf der Ladestraße 250 qm Lagerfläche. Davon gingen ab 1.10.1951 125 qm an das DHZ Holz, welches seine Langholzstämme auf der großen Seitenrampe entlud und ins nahegelegene Sägewerk über die Reichenbacher Straße transportierte. Zum 31.12.1956 kündigte die Firma Säurich den Lagerplatz.

Bis in die sechziger Jahre blieb das Frachtaufkommen stabil, dann machte sich nach und nach der Strukturwandel in der Güterbeförderung in Richtung Straßenverkehr bemerkbar. Für den Bahnhof Großvoigtsberg hatte dies im Gegensatz zu den anderen Betriebsstellen, wie wir noch sehen werden, keine negativen Auswirkungen, sondern im Gegenteil, ab 1966 sollte dort ein Güterverkehrszentrum für die umliegenden Gemeinden entstehen. Laut Kreistagsbeschluss waren sogenannte Knotenbahnhöfe zu bilden. Dafür sollten alle anderen Ladestellen zwischen Nossen und Freiberg aufgegeben werden. Man versprach sich davon eine Einsparung von Rangierzeit und -aufwand. Nicht zuletzt wegen des geplanten agrochemischen Zentrums hatte man sich Großvoigtsberg ausgesucht. Es hatte auch die von allen Unterwegsbahnhöfen umfangreichsten eisenbahntechnischen Voraussetzungen. Dies stieß natürlich bei vielen Güterkunden, die in Großschirma ihre Frachten verluden oder empfingen auf heftigen Widerstand, aber in gewohnter Weise wurden die geplanten Maßnahmen durchgeführt. Nachdem 1966 die Ladestelle Zellwald und 1969/70 die Anschlussstellen Kleinwaltersdorf und Großschirma für den öffentlichen Güterverkehr geschlossen waren und abgebaut wurden, konzentrierte sich der Güterverkehr nur noch auf den Bahnhof Großvoigtsberg, der personalmäßig mit 4 Fahrdienstleitern und 3 Rangierern auskommen musste. Die angespannte Personallage führte schließlich, nachdem der Personenverkehr eingestellt worden war, zu zeitweiser Nichtbesetzung ab 17.04.1978. So war der Bahnhof Montag bis Freitag nur von 6 - 13 Uhr und Sa./ So. von 7.55 bis 12.00 besetzt. Anfang der achtziger Jahr besetzte man den Bahnhof wieder zweischichtig, allerdings sonntags dann überhaupt nicht mehr. Noch bis Ende der 80er Jahre wurde der Bahnhof Großvoigtsberg zweimal werktags mit oftmals bis zu 550 Tonnen Last bedient; ja man erwog sogar, um den Massen an Güterwagen Herr zu werden, den Einbau neuer zusätzlicher Weichen zwischen Gleis 1 und 2, nämlich der Weichen 9 und 12.

Doch 1991 brach der Güterverkehr innerhalb weniger Wochen dramatisch zusammen, mit all seinen bekannten Begleiterscheinungen, und hat sich bis zum heutigen Tag nicht wieder erholt. 1993 erreichten den Bahnhof noch ganze 79 Güterwagen, was einem Tagesdurchschnitt von lediglich 0,2 Wagen entsprach. Die Verkehrseinnahme daraus ergab 55 200 DM. Bis zum 14.02.1995 kam es dann immer häufiger vor, dass der nunmehr nur noch einschichtig besetzte Bahnhof wochenlang keinen einzigen Güterwagen sah. Die am 01.01.1994 neugegründete Deutsche Bahn AG setzte diesem Spiel kurzerhand ein Ende und mit der betrieblichen Anweisung 2608, gültig am 14.02.1995, verzichtete man von diesem Tage an auf die Besetzung dieser letzten Betriebsstelle, nahm die Hälfte der Bahnhofsgleise außer Betrieb und verabschiedete sich nach knapp 122 Jahren von diesem Bahnhof. Um 13.53 endete die letzte Eintragung im Zugmeldebuch.Seit dem 12.01.1998 ist die nunmehr zuletzt als Gütertarifpunkt geführte Betriebsstelle (vorerst?) ohne jeglichen Verkehr, nachdem bereits Mitte Mai 1997 die letzten beiden Güterwagen mit Stammholz verladen wurden.

Letzte Änderung: 22. Januar 2008 Startseite > Museumsbahnhof > Bahnhof Großvoigtsberg